Die Botschaft singen

40 Jahre Kantorei St. Willehad, Leck

 

Wer singt, betet doppelt. Wenn dieser Satz des Kirchenvaters Augustinus richtig ist, dann haben sich die Mitglieder der Kantorei St. Willehad in der Kirchengemeinde Leck in den zurückliegenden 40 Jahren schon einiges an Gebetsvorrat zusammengesungen. In zahllosen Gottesdiensten und in Konzerten mit Werken der großen alten Meister wie Bach, Vivaldi, Händel, Mozart, Buxtehude und Schütz bis hin zu oftmals sperrigen "Modernen" wie Langlais, Janacek, Distler, Saint-Saens, Reger und Ruppel erklangen ihre Stimmen jubelnd, verhalten, ergreifend, zurückgenommen, verkündigend, lautmalerisch, flüsternd, begeistert, unsicher, (auch mal erkältet), im Stakkato und sogar schreiend (wie in "Cruzifixion" 1980).

 

Die Kantorei 1981 bei einem Konzert

Die Kantorei 1981 bei einem Konzert Ltg. Peter Penkuhn

 

Singen in einer evangelichen Kantorei, in einem Kirchenchor. Was bedeutet das? Deutliches Bekenntnis? Hier stehe ich, ich kann nicht anders? Eher weniger. Aber: eine Nähe zum Schöpferglauben und der Versuch der Nachfolge. Seit an Seit mit diesem so unendlich verwundbaren und doch so großen Menschen aus Nazareth ist schon da. Wer nur die wunderbar tönenden Klänge der Musik liebt, wird sich nicht lange wohl fühlen. In einer Kantorei singen - das ist Verkündigung.

Und Arbeit. Wöchentliche Probenabende, Termine an vielen Sonntagen, an allen großen Festtagen, zusätzliche Probennachmittge vor Konzerten, Podeste schleppen, Tische decken, Geschirrspüler einräumen, für das leibliche Wohl sorgen. B(g)erühmt ist die Kantorei St. Willehad inzwischen im Lande bei Solisten und Instrumentalisten für ihre exquisiten Büfett. Aber auch dieses Lob eines namhaften Solisten wurde gern gehört: neben Flensburg uns Husum hat Leck den besten Kirchenchor im Norden der Republik.

 

Und wie begann es? Und was lag davor? Ein Lehrer war früher nicht nur ein Lehrer an der Schule. Er war selbstverständlich Chorleiter im Ort, nebenamtlicher Organist, meist noch Vorsitzender des Sportvereins und des Kulturringes. Papa (Walter) Hein war so ein Lehrer. Er leitete seit 1924 einen "Gemischten Chor" in Leck, der auch als Kirchenchor seinen Dienst versah, und er war nebenamtlicher Organist an St. Willehad. 1974 feierte er sein 50. Jubiläum.

Ein Jahr zuvor kam die Wende. Die Kirchengemeinde Leck erhielt die erste feste, hauptamtliche Organistenstelle, eine "B-Stelle". Zur Bewerbung kam Beate Jessen-Bruns mit ihrem Chor aus Hamburg angereist und überzeugte. Zum 1. Oktober wurde sie  als Organistin und Kantorin eingestellt.

 

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Konzert unter der Leitung von Ilse Penkuhn

 

Beate Jessen-Bruns versammelte ein kleines Grüppchen Musikbegeisterter um sich und Weihnachten 1973 sangen sie schon im Gottesdienst. Die Kantorei blieb lange Jahre eine kleine Gruppe, das Angebot an Chören war zu groß zu damaliger Zeit. Nachfolger als Organist und Kantor wurde 1977 Peter Penkuhn, der das Repertoire der Kantorei erheblich ausweitete und sich mit besonderem Engagement und der Hilfe seiner Frau Ilse auch der Kinder- und Flötengruppenarbeit widmete.

Ende der achtziger Jahre übernahm dann Ilse Penkuhn die Organistenstelle und die Leitung der Kantorei. Obwohl sie bereits 1993 in den Ruhestand ging, war sie durch ihre starke menschliche Zuwendung zu "ihrem" Chor eine sehr prägende Chorleiterin, die von einer großen Zuneigung getragen wurde. Nach ihrem frühen Tod galt ihr im Sommer des Jahres 2000 ein Gedenkgottesdienst mit ihrer Kantorei.

Zu dieser Zeit saß schon sieben Jahre lang Rainer Rafalsky auf der Orgelbank und stand am Dirigentenpult, und er ging 19 Jahre lang versunken dirigierend durch die Straßen von Leck - denn Rainer besteht aus lauter Musik. Unter seiner engagierten Leitung fand der Chor zu einem hohen Niveau und wuchs auf über 50 Sängerinnen und Sänger an. Zum 25jährigen Jubiläum 1998 wurde Mozarts Krönungsmesse aufgeführt - mit namhaften Solisten und begleitet von einem großen Orchester.

 

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Das Abchiedskonzert für Rainer Rafalsky 2012

 

E folgten Händels Oratorium "Der Messias" (im Jahre 2000), ein Jahr später Vivaldis "Magnificat" und dann sein "Gloria". Eines der größten Meisterwerke der Kirchenmusik überhaupt, das "Weihnachtsoratorium", erarbeitete sich die Kantorei zusammen mit Sängerinnen und Sängern zahlreicher anderer Chöre in Südtondern 2003, zwei Jahre später wurde das Werk noch einmal zusammen mit der Kantorei St. Nicolai Bredstedt und dem Niebüller Kirchenchor aufgeführt.

Rainer Rafalsky suhte und fand den Kontakt zu anderen Chören. Besonders eng wurde die Zusammenarbeit mit der Bredstedter Kantorei, deren Krönung 2010 "Das Requiem" für Chor, Solisten und Orchester von Wilgang Amadeus Mozart wurde.

Außer einer langen Liste gelungener Konzerte gab es Kirchenchortreffen, so auf Amrum, Föhr, Sylt, in Niebüll und Schleswig. Beim Abschiedkonzert von Rainer Rafalsky mit Kantaten von Graupner und Bach im Mai 2012 saß schon der jetzige Kantor Thomas Hansen am Cembalo und er leitete die Aufführung dann eine Woche später in Bredstedt.

Der "Thomas-Kantor" hat bereits unter Beweis gestellt, dass er die anspruchsvolle Arbeit seines Vorgängers weiterführen will: Vivaldis "Gloria" erklang im Dezember 2012, ein neues Hörverständnis weckten Werke von Jean Langlais, Camille Saint-Seans und Leos Janacek im Sommer 2013 und im Dezember erklang die "Weihnachtshistorie" von Heinrich Schütz, begleitet von einem Orchester mit historischen Instrumenten. Die Bredstedter Kantorei löste sich nach dem Weggang von Thomas Hansen auf - aber voller Freude wurden etliche Bredstedter Sängerinnen und Sänger in der St. Willehad-Kantorei begrüßt und fühlen sich inzwischen hier beheimatet. Derzeit wird unter anderem an der Messe Nr. 2 G-Dur von Franz Schubert gearbeitet. 

 

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Choressen 2010 in den Achtruper Stuben

 

Konzerte sind die Höhepunkte, aber nicht der Alltag einer Kantorei. Das ist die treue Begleitung von Gottesdiensten, von Festtagen wie Ostern und Weihnachten, von Konfirmationen, von Trauerfeiern, von Jubiläen und Festen - auch privater Natur. Nicht nur das gemeinsame Singen verbindet, die Chorgemeinschaft wird auch auf mancherlei andere Art gepflegt. So gibt es bei Konzerten ein gemütliches Beisammensein im Gemeindehaus, im Winter ein leckeres Essen in wechselnden Restaurants der Region, das sommerliche Grilltreffen hat schon Tradition, Chorfahrten führten unter anderem nach Bordesholm, Plön und Hamburg, wo das Singen im Michel ein besonderes Erlebnis wurde.

 

Sonja Spangenberg

 

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